Am 13.06.2002 fand im vollbesetzten Forum
die Aufführung der Eigenproduktion "Weird Lif(v)e - Destinys Play" des Literaturkurses der Jahrgangsstufe 12 unter Leitung von Frau Hackbarth
statt.
(weird: verrückt, durchgeknallt,
verwunderlich, bizarr, life: Leben; live: lebendig, im selben Moment; destiny: Schicksal; play: Spiel, Theaterstück).
Keine Angst! Was an der Gesamtschule Friedenstal am 13.06. und noch ein Mal am 20.06.2002 vom Literaturkurs der Jahrgangsstufe 12 unter der Regie der Kursleiterin Heike Hackbarth auf die Bühne gebracht wurde, war nicht so verwirrend wie der Titel es vermuten lässt, und es wurde auch nicht in englischer Sprache aufgeführt. Die Schülerinnen und Schüler der 12. Klasse beeindruckten und begeisterten ihr Publikum aber durch ein perfekt inszeniertes, meist witziges, aber auch gleichermaßen melancholisch angehauchtes Stück.
Die Szenerie wurde
kurzerhand in die Siebziger und Achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts
verlegt, ohne dass die Handlung deswegen fremdartig ausgesehen hätte. Es ging
mit ineinander verwobenen Einzelgeschichten um die kleinen Verwicklungen und um
die großen Sehnsüchte der ganz normalen Leute.
Da ist der gefeuerte Kellner, der auf der Suche
nach einem neuen Job sehr schnell an ein dubioses Paar gerät, das eine
Porno-Agentur betreibt. Dann ist da die alternde Blanche, Barkeeperin des „Dixy“,
die die nicht merkt, wie sie ihren Laden hat verkommen lassen - und die dem Glück stets zu spät hinterher jagt. Da ist der
Biologiestudent Brad, der tagsüber als Klomann arbeitet und in der Freizeit als
Womanizer glänzt. Zuerst macht er Blanche Hoffnungen, dann aber verknallt er
sich in die hübsche Stella, mit der er sich heimlich verabredet. Aus beiden
Romanzen wird am Ende nichts werden - zur Enttäuschung
von Blanche. Zwei Teenies, die ihrerseits Brad für sich angeln wollen, sind
hinreißend albern, doch hoffnungslos unerfahren.
Da ist die Geschichte von Bryan, der sein Vaterland
als Soldat in Vietnam verteidigen will, und den Hippies, die sich auf Bryans
Abschiedsparty nach dem Ohrwurmsong „Aquarius“ aus dem Musical Hair
zugekifft haben. Die eine Herforder Zeitung hatte als Überschrift ihres
Berichts deshalb auch die Zeile „Kiffen, Sex und Torschlusspanik“ gesetzt.
„Zwölftklässler erzählen aus dem prallen Leben“ titelte die andere. Die
Berichterstattung in den Zeitungen ließ deutlich Anerkennung merken.
Kein Wunder, denn viel Situationskomik wurde in die Szenen gelegt: Brads Klo ist
zeitweise der Angelpunkt des Stücks. Hier lässt Brad nichts anbrennen. Er achtet
penibel auf Sauberkeit - auch wenn das bedeutet, dass der Falsche den Kack
wieder wegmachen muss, den sein Vorgänger geräuschvoll hinterlassen hat. Jede
und jeder, die auf dieser öffentlichen Toilette nacheinander eintreffen, werden
von Brad gemaßregelt und erzogen, in der gleichen Szenerie wird unter der Dusche
der Versuch der Verführung sichtbar gemacht – im Schattenriss nur, und dezent
angedeutet.
Aber auch die Tragik des Alltags kommt über: Da
sind die zwei Freundinnen, die in einer Boutique nach Klamotten Ausschau halten.
Sie haben nichts miteinander gemeinsam, zumindest beim Shoppen - und die
Verkäuferin bedient gekonnt hilflos und glücklos ihre Kunden, darunter auch
die Besitzerin der Bar „Dixy“, die überaus elegant auftritt.
Und dann sind da noch zwei Punker und ihre Tussis,
die nach dem Lustprinzip mit ihren Späßen zuerst eine Friseuse zur
Verzweiflung bringen und die sich am Ende in der zugigen U-Bahn-Station
untereinander in einfachster Kommunikation üben und dabei noch einfachere
Erkenntnisse miteinander austauschen. Erkan und Stefan wären im Vergleich dazu
als Intellektuelle zu bezeichnen.
Auf
der U-Bahn-Station endet schließlich auch die Geschichte mit Blanche, die ständig
betont, dass sie noch etwas vom Leben haben will, und ihrem ex-Kellner. Aus dem
rein zufälligen Wieder-Zusammentreffen der zwei Gescheiterten, die Jahre lang
nebeneinander her gearbeitet haben, wird dann doch noch eine zarte Romanze. Die
zwei entdecken hier spät (aber endlich!) ihre Bestimmung füreinander.
Begegnungen, Trennungen, ein Treffen, ein Vorüberlaufen...
Ein witzig, spritzig und in weiten Teilen glänzend in Szene gesetztes Stück, das die Schauspieler des Kurses selbst geschrieben, während der Aufführung zum Teil noch improvisiert und umgesetzt haben. Die Dialoge waren so echt wie sie nur sein konnten. Eine große Menge starker Schauspieler und ein gutes Zusammenspiel boten einen Theaterhöhepunkt der besonderen Sorte. Hervorragend auch das Bühnenbild, die Choreographie und die Technik. Ein vollbesetztes Haus und ein langer Applaus machten deutlich, wie sehr bei diesem Stück der Funke zum Publikum übersprang.
Gratulation an Heike Hackbarth und an die Cast!
Die
bestand aus: Mhamad Taha, Antje Görnitz, Birsen Berse, Serkan Durgun, Koray
Celik, Sebastian Scheller, Christina Sommer, Wiebke Gauglitz, Laura Wolfs, Björn
Zegers, Gül Ilgaz, Nadine Borzych, Aysun Uksas, Atif Coksezgin, Andrea
Westerholt und Selma Önal.
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